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Seine Sternstunde haben

Einen genialen Einfall haben, der das eigene Leben oder das der Mitmenschen gravierend verändert; eine Tat vollbringen, die die Zukunft entscheidend beeinflusst; in einem besonderen Augenblick eine schicksalhafte Wendung vollziehen; einen Höhepunkt seines Daseins erleben; einen kurzen Zeitabschnitt von besonderem Glanz erleben.

Herkunft

Der Begriff der »Sternstunde« ist der Astrologie entlehnt und gehört zum Volksglauben.

Erläuterungen

Aus der Konstellation der Sterne im Augenblick der Geburt ziehen Astrologen ihre Schlüsse auf das Schicksal des Menschen. In Deutschland beschäftigten sich insbesondere vom 13. bis zum 18. Jahrhundert Gelehrte und Laien mit der Sterndeutung. Versuche dazu reichen jedoch zurück bis ins Altertum.

Im Volksgut ist der Glaube verankert, dass jeder Mensch einen Stern am Himmel besitzt. Dieser geht bei seiner Geburt auf und mit seinem Tod unter. Wenn dieser Stern auf seiner Bahn den Zenit erreicht, erlebt der Mensch möglicherweise einen schicksalhaften Höhepunkt seines Lebens: eine Sternstunde. Redewendungen, die sich ebenfalls auf dieses Bild gründen, sind zum Beispiel: »Ein aufgehender Stern sein«, »Jemandes Stern ist gesunken« oder »Ein Stern ist vom Himmel gefallen«.

Gebräuchlich ist die Redensart seit Anfang des 19. Jahrhunderts.

Im Vorwort zu seinem Werk »Sternstunden der Menschheit« schreibt Stefan Zweig (1881–1942): »Solche dramatisch geballten, solche schicksalsträchtigen Stunden, in denen eine zeitüberdauernde Entscheidung auf ein einziges Datum, eine einzige Stunde und oft nur eine Minute zusammengedrängt ist, sind selten im Leben eines Einzelnen und selten im Laufe der Geschichte! […] Ich habe sie so genannt, weil sie leuchtend und unwandelbar wie Sterne die Nacht der Vergänglichkeit überglänzen.« (1927)

Im heutigen Sprachgebrauch ist man mit einer »Sternstunde« schneller bei der Hand. Umgangssprachlich geht es selten um Ereignisse, die für die Menschheit von Bedeutung sind oder in die Weltgeschichte eingehen. Oft handelt es sich lediglich um etwas Außergewöhnliches in einem bestimmten Bereich. Das kann beispielsweise ein glanzvolles Ereignis in der Politik sein, im Sport, in der Kunst oder den Medien.

Quellen und weiterführende Literatur:

  • Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Freiburg u. a.: Herder 2003.

Beispiele und Zitate

  • Während Rat und Kommission täglich über die europäische Politik entscheiden, hat das Parlament nur alle fünf Jahre seine Sternstunde.

    Der Tagesspiegel, 28.10.2004
  • Manchmal ja, etwa dann, wenn ich das Gefühl habe, etwas ist gelungen, oder beim Gefühl, eine Sternstunde menschlicher Beziehungen zu erleben.

    Berliner Zeitung, 13.09.1995
  • Zum Jahreswechsel haben die Astrologen ohne Zweifel ihre Sternstunden.

    Berliner Zeitung, 31.12.1994
  • Das Inkrafttreten des Grundgesetzes vor 25 Jahren zählt zu den Sternstunden unserer Geschichte.

  • Doch seine Sternstunden hat das House of Lords bis heute, wenn es um die ureigensten Interessen der jagd- und angelbesessenen Großgrundbesitzer im Land der Königin geht, um ein Schußwaffengesetz etwa – oder um den Lachs, den königlichen Fisch.

  • Damals vor 14 Jahren hatte ein biederer Langstreckenläufer vom Niederrhein, auf den Namen Müller hörend, seine Sternstunde.

  • Der Name Schlegels bezeichnet eine Sternstunde in der deutschen Shakespeare-Rezeption.

  • Die Sternstunden im Werdegang der Firma E. I. Du Pont de Nemours mögen einen Einblick vermitteln, wie riesige Vermögen gemacht werden.

Übersetzung in andere Sprachen

  • To have one’s moment of glory
    Englisch
  • To have one’s hour of glory
    Englisch

Varianten

  • Seine Sternstunde haben
  • Eine Sternstunde haben
  • Eine Sternstunde erleben
  • Die Sternstunde (von etwas) sein

Themen und Schlagwörter

Letzte Aktualisierung dieser Seite am 16. Februar 2021.