Aus der Not eine Tugend machen
Ungünstige oder schlechte Voraussetzungen nutzen, um daraus etwas Gutes entstehen zu lassen; eine missliche Lage geschickt zu seinem Vorteil nutzen.
Erläuterungen
Zuerst belegt ist die Redensart auf Lateinisch bei dem Kirchenvater Hieronymus (347–420). In seiner »Rede gegen die Schriften des Rufinus« heißt es Facis de necessitate virtutem (= Mach aus der Not eine Tugend).
Ein Vorläufer der Redewendung findet sich schon bei dem römischen Rhetorik-Lehrer Marcus Fabius Quintilianus (35–96). In seinen »Declamationes« (4,10) ermahnt er, de necessitate solatium (= aus der Not einen Trost) zu machen.
Im Deutschen ist die Redensart seit der Mitte des 16. Jahrhundert belegt. Sie erscheint zuerst in der Familienchronik der schwäbischen Herren von Zimmern: Darumb mußten sie user der not eine tugent machen (III,230).
Quellen und weiterführende Literatur:
- Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Freiburg u. a.: Herder 2003.
Beispiele und Zitate
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Sie hatte kein Geld, um sich ein Kleid zu kaufen. Da hat sie aus der Not eine Tugend gemacht und aus einem alten Kleid ein schickes neues geschneidert.
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Im Zugeständnis der Freiheit für Polen, Ungarn, die ČSFR und besonders im Zugeständnis der Vereinigung der beiden deutschen Staaten hat Gorbatschow aus der Not eine Tugend gemacht.
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Überhaupt haben die Zyprioten aus ihrer Not eine Tugend besonderer Art gemacht: Nachdem sie mit ihren Massenhotels den Massentourismus verloren hatten, entdeckten und erschlossen sie ein neues, bisher viel weniger bekanntes Zypern für die wirklichen Zypern-Fans.
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Die Lufthansa-Manager wollen aus der Not eine Tugend machen und mehr Erste-Klasse-Plätze anbieten.
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Gerade dies trübe Wetter aber lehrte mich aus der Noth eine Tugend machen und mich mit dem zufrieden geben, was mir zu erreichen vergönnt war.
Schweizer Alpen-Club (Hrsg.): Jahrbuch des Schweizer Alpen-Clubs, 22. Jg. Bern, 1887 (= Digitale Ausgabe des Instituts für Computerlinguistik der Universität Zürich 2018) -
Da nun der Maragraff nach Mexico nahet/ wolt Motecuma auß der Noth ein Tugendt machen/ zog jm auff drey viertel Meilweges/ jhn zu entpfahen/ entgegen:
Johann Ludwig Gottfried: Newe Welt Vnd Americanische Historien, 1631
Übersetzung in andere Sprachen
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To make a virtue of necessityEnglisch
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Faire de nécessité vertuFranzösisch